CLattenzaun Blog

“Eine Insel mit zwei Bergen und nem Eisenbahnverkehr….” so fängt die bekannte Geschichte um die Lokomotive Emma, Lukas dem Lokomotivführer und Jim Knopf an. In diesem Artikel soll es heute aber nicht darum gehen das Alfons der Viertel-vor-Zwölfte eine neue Urheberechtsreform auf den Weg bringt, sondern es geht um Hugo Schrat. Hugo Schrat ist Europaabgeordneter, Mitglied der CDU 58 Jahre alt und Rechtsanwalt. Ein Abitur hat er natürlich damals gemacht und er kommt aus dem schönen NRW.

Bevor du jetzt den Hugo ergoogelst, möchte ich dir den Schritt ersparen, denn der Hugo existiert garnicht. Du denkst dir jetzt vielleicht, was soll ich mit einem Artikel über einen fiktiven CDU Politiker. Ich verrate es dir. Das interressante an Hugo ist, dass er der durchschnitts EU-Abgeordnete für Deutschland ist. Wo her ich das weiß? Ich habe zusammen mit Anne eine kleine Rechercheaktion gestartet. Wir wollten wissen wer stimmt da eigentlich über den Artikel 13 ab. Hugo ist das eine Ergebnis davon, das andere kannst du am ende des Artikels betrachten. Wir haben gemeinsam euch einmal eine nette Webpräsentation zur Verfügung gestellt und zum anderen kannst du dir natürlich die Rohdaten zu unserer Recherche runterladen.

Doch bevor ich zu unserer Recherche komme, was uns bewogen hat und wie die Daten zu verstehen sind, möchte ich mir es nicht nehmen lassen, einmal selber etwas zu der aktuellen Debatte zu sagen. (Wer schon genug davon hat, kann einfach ans Ende springen)

Artikel 13

Ich glaube die größten Punkte, die für und gegen den aktuellen Kompromiss von Deutschland und Frankreich sprechen, haben etliche Experten Land auf- und abwärts bereits genannt. Ich möchte daher garnicht auf die bereits genannten Dinge in voller länge eingehen.

Mich beschäftigen drei Dinge die sicherlich nicht in Gesetzestext gegossen sind.

Der Krieg der Welten

Jung gegen Alt. Online gegen Offline. So stellt sich die aktuelle Debatte im Gefühl da. Ich bin förmlich entsetzt, wie hier eine Schneise durch die Gesellschaft gejagt wird. Hier sind Gräben offensichtlich, die ein viel größeres politisches Problem offenbaren. Wer hört hier wem eigentlich noch zu?

Ich finde es für die aktuelle Politik beschäment, welche Wörter sie in den Mund nimmt und wie wehement ignorant, sie gegenüber der Jugend im eigenen Land, ist. Jahre lang fordert die Politik mehr politisches Interesse der Jugend und nun zeigt sich, dass die Jugend nie politisch desinterressiert war. Sie fordert gehör und wird klein gemacht. In welchen Zeiten leben wir denn, dass Politiker, Teile der Gesellschaft damit klein reden; dass sie sie als Mob beschimpfen oder behaupten dass sie instrumentalisiert werden und keinen eigenen Kopf hätten.

Wie kann es sein, dass emotionale Briefe und Nachrichten an die Volksvertreter, von diesen als lästig bezeichnet und als von Bots geschrieben abgetan werden?

Liebe Abgeordneten! DAS ist in einer Demokratie mehr als beschämend. Ein Volksvertreter sollte zuhören wenn das Volk spricht, auch wenn es nur ein kleiner Teil dieses Volkes ist. Einen Teil der Gesellschaft als Mob oder als lästig zu bezeichnen, ziehmt sich als einen Vertreter des selbigen nicht. Wir sind sicherlich nicht die größte Bevölkerungsgruppe aber wir sind trozdem da und wir haben Sorgen! Hört uns gefälligst zu!

Gewaltenteilung

Ob nun Uploadfilter als Wort im Gesetz stehen oder nicht, sie sind warscheinlich die einzigste Möglichkeit den Anforderungen im Gesetz herr zu werden. Wenn man mal davon absieht, wie die technische Seite aussieht (und die ist bitter), so mache ich mir um den neu geschaffenen Uploadfiltermarkt regelrecht sorgen. Denn egal ob eine Armada von Menschen oder hochintelligente Algorithmen, das können sich nur große Konzerne leisten. Google, Facebook und Co. ist doch die Debatte egal, gewinnen werden sie mit oder ohne Artikel 13. Wenn er nicht verabschiedet wird, bleibt für die Großen alles wie immer. In der Diskussion können sich die Konzerne als die Guten feiern, aber in Wirklichkeit sind mit Artikel 13 die Genannten, die großen Gewinner. Kleine Plattformen haben nicht die Mittel, sich hunderte von Leuten anzustellen oder Algorithmen zu entwickeln. Sie werden sich an die Angebote von Google und Facebook wenden. Und es tut mir Leid das sagen zu müssen, aber ich möchte nicht, das die großen Konzerne mit ihren kruden Vorstellungen entscheiden, was ein großer Teil unserer Bevölkerung sieht. Wir treiben uns selbst weiter in die Abhängigkeit von diesen Konzernen; Nein Danke!

Kurz gedacht

Im Prinzip hängt dieser Punkt mit dem Vorherigen zusammen. Die Politiker denken zu kurz. Sie glauben, in dem sie einfach die Haftung erweitern, würden sie große Dinge zum laufen bringen, doch ich glaube das ist weit gefehlt. Nicht nur das wir abhängiger von den bereits genannten Internetkonzernen werden, auch die Verwertungsgesellschaften werden in ihren fossilen Geschäftsmodellen und Strukturen gestärkt. Kleine Künstler und kleine Konsumenten fallen unter den Tisch. Natürlich ist es nun einfach über diesen Artikel zu meckern, schwieriger ist es Alternativen zu finden, Fakt ist aber Alternativen existieren. Das Plattformen prinzipell eine Mitverantwortung über Inhalte haben, finde ich pauschal richtig. Ein Plattformbetreiber, egal wie groß er ist, kann sich nicht einfach zurücklehnen und sagen, er wüsste nicht was auf seiner Plattform passiert. Doch genau wie Künstler geschützt werden müssen, bedarf es einen Schutz der Konsumenten. Man könnte Plattformen und Kampagnen fördern, auf denen man erkennen kann was Urheberrechtlich geschützt wird. Man könnte dafür sorgen, dass wenn schon technische Maßnahmen gefordert werden, diese transparent und öffentlich gemacht werden müssen. Man könnte Meldewege vereinfachen und Schlichtungstellen schaffen. All das wäre möglich und sicherlich noch mehr, ohne auch nur in irgendeiner Form es sich bequem zu machen und zu sagen: “So jetzt kümmern sich die Plattformen drum. Wir sind das Problem los”. Denn nichts anderes, so scheint mir, passiert hier.

Die Statistik

Ich könnte warscheinlich noch so viel mehr darüber schreiben; selbst über die technische Problematik von Uploadfiltern, die durchaus interressant ist zu beleuchten. Doch das ist Thema für einen anderen Artikel. Du willst eigentlich wissen wie wir den Hugo vom Anfang des Textes zusammengeschustert haben. Und so möchte ich jetzt eigentlich noch ein paar Worte über die Statistik verlieren, bevor man sich durch die Präsentation klickert.

Die Motivation zu erfahren, wer da eigentlich uns im Europaparlament vertritt, entstand aus der Depatte um Artikel 13 und der Information, die einem die SaveYourInternet Kampagne gegeben hat. Von mir eigentlich nur scherzhaft erwähnt, hat Anne sich tatsächlich an die Recherche gesetzt. Gesagt getan haben wir zusammengetragen, was man zusammentragen konnte. Natürlich sind wir keine Statistikprofis, keine Journalisten und sicherlich könnte man aus den Daten noch mehr rausholen wenn man wöllte.

Als Ausgangsbasis dienten uns AbgeordnetenWatch, SaveYourInternet und [Martin Sonneborn] die ja sehr ausführlich erfasst haben, wer eigentlich bei der letzten Abstimmung (09.2018) wie abgestimmt hatte. Diese Grundlage haben wir mit den Informationen von der Seite des Europaparlaments, manchmal von Wikipedia und hin und wieder von den persönlichen Seiten der Abgeordneten angereichert. An der Stelle sei übrigens gesagt, es wäre schön wenn ein paar Abgeordnete ihr Profil beim Europaparlament ergänzen würden.

Natürlich enthält unsere Auswertung an ein paar Punkten auch Spekulation. So ist zum Beispiel spekulativ was die Tedenz für zukünftige Abstimmungen angeht. Hier haben wir zwar Twitter und SaveYourInternet zu Rate gezogen, aber es bleibt spekulativ. Ebenfalls schwammig ist leider das Thema Beruf. Das war mitunter der größte Rechercheakt. Selten informieren Politiker vollständig über sich. Zudem haben viele Abgeordnete verschiedene Berufe ausgeübt und es ließen sich sogar widersprüchliche Informationen aus unterschiedlichen Quellen finden. Letztendlich viel die Entscheidung entweder auf den Beruf, den sie erlernt haben, oder den Beruf, den die Abgeordneten am längsten Ausgeführt haben. Trotzdem, beim Thema Beruf könnte es sein, dass unsere Daten durchaus Fehler enthalten.

Trotzdem, das was wir haben finde ich persönlich äußerst interressant. Natürlich überlasse ich die Interpretation der Daten immer dir und trotzdem möchte ich ein paar interpretative Worte darüber verlieren.

Was mir wahnsinnig aufgefallen ist, ist natürlich nicht nur das verdammt hohe Durchschnittsalter (meine Generation ist eigentlich nicht vertreten). Sondern auch die Tatsache, dass unsere Volksvertretung in der EU fast ausnahmslos Studiert ist. Ich möchte nicht abstreiten das Bildung absolut wichtig ist, doch leider, überspitzt gesagt, scheint mir ein Club aus alten männlichen Rechtsanwälten und Landwirten, die vor der Politik-Karriere im Vorstand großer Unternehmen waren, nicht besonders repräsentativ.

Man kann sich fragen: wo sind die Vertreter des kleinen Bürgers oder noch besser, der kleinen Bürgerin, wo die der Jugend und wo die der anderen Berufsgruppen hin? Ist Deutschland wirklich nur ein Land aus Bauern und Juristen? Ich glaube das wird unserer Vielfalt, vorallem unserer Meinungsvielfalt nicht gerecht. Das einige Bürger sich nicht mehr von der Politik verstanden oder vertreten fühlen, ist da eigentlich kein Wunder mehr.

Nun will ich dich aber nicht länger aufhalten und wünsche viel Spaß mit den angehängten Daten.

Zur Präsentation gehts hier

Linzenziert unter by CC BY 3.0
Twitter: #Artikel13DataMining

Unsere Rohdaten: Download

P.s: Danke an Anne für die Unterstützung
P.p.s: Ich denke soetwas wäre auch mal für den Bundestag interressant.